Pressemitteilungen

Wissenschaft für alle

04.04.2023 -

Philosophen der Uni Magdeburg entwickeln neues Publikationsmodell für die profitfreie Veröffentlichung wissenschaftlicher Erkenntnisse

Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg erproben ein neues Publikationsmodell, mit dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Erkenntnisse künftig global, kostenfrei und nachhaltig für die Gesellschaft und wissenschaftliche Öffentlichkeit zugänglich machen können. Ziel ist die beispielhafte Etablierung einer nicht-profitgetriebenen bzw. nicht-kommerziellen akademischen Open-Access-Veröffentlichungspraxis.

Open Access steht für den schnellen und freien weltweiten Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und Forschungsergebnissen im Internet. Ein wissenschaftliches Dokument unter Open-Access-Bedingungen zu publizieren, gibt jedermann die Erlaubnis, dieses Dokument zu lesen, herunterzuladen, zu speichern, es zu verlinken, zu drucken und damit entgeltfrei zu nutzen. Allerdings ist dieses Veröffentlichungssystem bei akademischen Publikationen bisher in der Regel durch die Einbeziehung von Verlagen steuerfinanziert.

Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG geförderten Forschungsprojektes entwickelt und erprobt das Team um den Neurophilosophen Juniorprofessor Dr. Sascha Benjamin Fink und Dr. Wanja Wiese von der Ruhr-Universität Bochum jetzt ein neues Publikations- und Redaktionstool, mit Hilfe dessen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein mit Fachverlagen in der Qualität vergleichbares nachhaltiges und gut lesbares Open-Access-Produkt erhalten, welches in der Zeitschrift „Philosophy and the Mind Sciences“ veröffentlicht wird. Die Zeitschrift wird seit 2019 von Jun.-Prof. Sascha Benjamin Fink, Dr. Wanja Wiese und Dr. Jennifer Windt (Monash) herausgegeben und liegt thematisch an der Schnittstelle zwischen Philosophie, kognitiver Neurowissenschaft und Psychologie.

Ziel des Forschungsprojekts ist es, durch die Automatisierung der redaktionellen Abläufe die Zeitschrift beispielhaft als attraktive, gut auffindbare, qualitativ hochwertige und angesehene Veröffentlichung zu etablieren und bisher vorherrschende Vorbehalte gegen Open-Access-Zeitschriften abzubauen. „Wir wollen zeigen, dass hochqualitative, gut auffindbare Open-Access-Veröffentlichungen, mit geringen finanziellen Mitteln und unabhängig von kommerziellen Interessen, langfristig und nachhaltig umsetzbar sind“, so der Projektleiter Jun.-Prof. Fink.

Das Team nutze ein Typesetting-Tool, das die Kosten für die Veröffentlichung und die Redaktion der Zeitschrift „Philosophy and the Mind Sciences“ beträchtlich reduziere, so Fink weiter. „Der Vorteil von Verlagen ist es, dass sie die Zeitschriften als ein professionelles Produkt veröffentlichen, das man gerne liest. Diesen Schritt zu einer professionellen Aufmachung schaffen Open-Access-Zeitschriften bisher oft nicht, da das Spezialwissen fehlt und auch die Zeit, um eine ansehnliche Datei zu erstellen.“

Mit den neuen Tools könnten Forschende ihre Artikel in jedem Format für die Zeitschrift einreichen, erläutert der Neurophilosoph. Sie müssten nur Titel, Überschrift und Literatur markieren. „Der halbautomatische Typesetting-Prozess erlaubt es uns als Herausgeber dann, die Dateien so zu konvertieren, dass eine professionell gestaltete PDF entsteht, die dann in der Zeitschrift online veröffentlicht oder gedruckt werden kann.“

Im Moment arbeiten die Forschenden daran, dieses Modell zu optimieren und anzupassen. Redaktionelle Abläufe werden so dokumentiert, dass sie von anderen unabhängigen Open-Access-Zeitschriften übernommen werden können. „Bei unserem nachhaltigen Open-Access-Modell sollen wissenschaftliche Gewinninteressen so weit wie möglich minimiert werden, damit die Qualität der Artikel im Vordergrund steht.“ Die Zeitschrift „Philosophy and the Mind Sciences“ werde weiterhin sowohl für die Leserschaft als auch für die Autorinnen und Autorin kostenfrei zugänglich sein. Das Projekt wird für 3 Jahre von der DFG mit 710.000 Euro gefördert.

Mehr Informationen unter http://link.ovgu.de/dfgprojektphilosophyandthemindsciences. Sowie die Zeitschrift „Philosophy and the Mind Sciences“ zur Ansicht unter https://philosophymindscience.org/

mehr ...

CBBS Geschäftsführung & Direktorium

01.04.2023 -

Amtswechsel im CBBS-Sprecherrat und Direktorium

Zum 1. April 2023 wurde Prof. Dr. Daniela Dieterich, Direktorin des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie und Dekanin der Medizinischen Fakultät, vom Rektor der Otto-von-Guericke-Universität als neues Mitglied des Sprecherrates bestellt. Gemeinsam mit den bisher amtierenden und wiederbestellten Sprechern Prof. Dr. med. Emrah Düzel, Direktor des Instituts für Kognitive Neurologie und Demenzforschung sowie Standortsprecher des Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen Magdeburg, Prof. Dr. Toemme Noesselt, Direktor des Instituts für Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität und Prof. Dr. med. Stefan Remy, Direktor des Leibniz-Instituts für Neurobiologie Magdeburg, führt Prof. Dr. Dieterich die nächsten zwei Jahre die laufenden Geschäfte des CBBS und ist für die Konzeption, Koordination und Umsetzung des wissenschaftlichen Programms des Zentrums mitverantwortlich.

Prof. Dr. Dieterich freut sich auf die anstehenden Aufgaben: „Gemeinsam werden wir neue Ideen zur strategischen Weiterentwicklung der Neurowissenschaften am Standort Magdeburg ausarbeiten.“

Mit Prof. Dr. med. Hans-Jochen Heinze verabschiedet sich einer der vier Gründungssprecher des CBBS, dessen Amtszeit zum 31.03.2023 endete, aus dem Direktorium. Hans-Jochen-Heinze ist einer der Gründerväter der Magdeburger Neurowissenschaften und Spiritus rector der klinisch orientierten Neuroforschung im CBBS. Er hat sich große Verdienste um unseren Standort erworben, und die Direktoren und Mitglieder danken ihm für seine wegweisende Arbeit im Auf- und Ausbau des CBBS.

Das Direktorium begrüßt als neu gewähltes Mitglied Prof. Dr. Dr. med. Anne Albrecht, die ab dem 1. April 2023 für die Amtszeit von zwei Jahren von der Mitgliederversammlung gewählt wurde.

Der Sprecherrat des CBBS umfasst bis zu vier Mitglieder, die vom Rektor der Otto-von-Guericke-Universität für eine Amtszeit von zwei Jahren bestellt werden, um in Abstimmung mit dem Direktorium des CBBS die Interessen der Neurowissenschaften an der Otto-von-Guericke-Universität und am Leibniz-Institut für Neurobiologie zu vertreten.

Das Direktorium im CBBS umfasst bis zu 10 Mitglieder, von denen mindestens 8 Mitglieder hauptamtliche ProfessorInnen der Otto-von-Guericke- Universität Magdeburg und/oder DirektorInnen des Leibniz-Institut für Neurobiologie sein müssen. Die medizinische, molekularbiologische, physiologische, verhaltensbiologische und die psychologische Arbeitsrichtung im CBBS sind durch mindestens ein Mitglied im Direktorium vertreten. Das Direktorium koordiniert die im Rahmen des CBBS durchzuführenden Forschungsvorhaben und berät die Sprecher des CBBS bei der strategischen Weiterentwicklung und Vergabe von Forschungsmitteln.

Die amtierenden Sprecher:innen und Direktoren:innen des CBBS sind hier einzusehen.

dietrichduezelnoesseltRemy 

Albrecht_neu

Der neu gegründete Sprecherrat des CBBS bestehend aus Prof. Dr. Daniela Dieterich, Prof. Dr. med. Emrah Düzel, Prof. Dr. Toemme Noesselt und Prof. Dr. med. Stefan Remy (v. l. n. r.) und die neu gewählte Direktorin Prof. Dr. Dr. med. Anne Albrecht (unten).

mehr ...

Anders als gedacht: Gehirn verarbeitet Seheindrücke auch rückwärts

29.03.2023 -

Studie über verdeckte Aufmerksamkeit erschienen

Warten wir auf der Straße auf jemanden, mit dem wir verabredet sind, erkennen wir die Person meistens oft schon von Weitem zwischen anderen Menschen. Unser Gehirn bewältigt diese Alltagssituation sehr effektiv, denn wir müssen nicht jede Person von Kopf bis Fuß betrachten. Mit dieser verdeckten Aufmerksamkeit hat sich Prof. Dr. Jens-Max Hopf mit einem Team des Leibniz-Instituts für Neurobiologie (LIN) Magdeburg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) sowie Prof. John Tsotsos von der York University in Toronto in einer neuen Studie im Journal Science Advances beschäftigt. Sie konnten zeigen, dass die Verarbeitung auch anders funktionieren kann als man bisher immer dachte.

„Verdeckte Aufmerksamkeit heißt, dass wir etwas in unserer Umwelt genauer und schneller wahrnehmen können, ohne dass wir direkt hinsehen müssen. Wie unser Gehirn Dinge oder Orte trotzdem erfassen kann und wie die Aufmerksamkeit unabhängig von der Blickrichtung zwischen Orten wechseln kann, umreißt unser zentrales Forschungsfeld“, erklärt Hopf. Trotz vieler Erkenntnisse über Mechanismen und Strukturen, die an der visuellen räumlichen Aufmerksamkeit beteiligt sind, ist immer noch wenig darüber bekannt, wie der Kortex die Aufmerksamkeit eigentlich verdeckt lenkt.

Schon seit vielen Jahrzehnten versuchen Forschende weltweit, die Mechanismen der visuellen Aufmerksamkeit zu verstehen. Bekannt ist beispielsweise das Selective-Tuning-Modell, das Tsotsos mit seinen Kollegen bereits in den 1990er Jahren entwickelt hat. Es geht von einer Top-Down-Informationsverarbeitung aus – ein von oben nach unten verlaufender Verarbeitungsfluss im visuellen Kortex. „Mehrere Annahmen dieser Theorie wurden schon durch Experimente unserer Arbeitsgruppe untermauert, aber andere wichtige Aspekte waren bis jetzt unbestätigt“, so Hopf.

Dr. Mandy Bartsch und ihre Kollegen konnten nun zeigen, dass die Verarbeitungsprozesse, die visuelle Aufmerksamkeit im Kortex ermöglichen, anders verlaufen kann als bisher immer vermutet. Man ging davon aus, dass die Verarbeitung von tieferen hin zu höheren Strukturebenen des visuellen Kortex erfolgt (bottom-up-Verarbeitung). Die Studie zeigt nun, dass besagte Prozesse top-down, also von höheren zu tieferen Strukturebenen des visuellen Kortex, innerhalb von wenigen zehntel Millisekunden ablaufen. Hopf erläutert: „Diese sehr schnellen top-down-Prozesse konnten wir nur mithilfe der zeitlich und räumlich sehr hochauflösenden Magnetoenzephalographie (MEG) erfassen.“

Dabei verwenden die Forschenden verschiedene Versionen einer visuellen Suchaufgabe, die es ihnen ermöglichen, den Grad der für die Zielidentifikation erforderlichen Aufmerksamkeitsverlagerung zu kontrollieren. Für die Analyse nutzen sie die sogenannte N2pc-Komponente, die sich als zuverlässiger Index für die Aufmerksamkeitsfokussierung bei der visuellen Suche erwiesen hat. Sie wird über dem visuellen Kortex kontralateral zu der Stelle im Raum, auf die die Versuchspersonen ihre Aufmerksamkeit richtet, ausgelöst. Wenn eine Versuchsperson beispielsweise ihre Aufmerksamkeit auf die linke Seite des Gesichtsfeldes richtet, erscheint die N2pc in der rechten hinteren Gehirnhälfte und umgekehrt. Diese Eigenschaft macht die N2pc zu einem nützlichen Instrument für die direkte Messung der allgemeinen Richtung der Aufmerksamkeit mit hoher zeitlicher Auflösung.

„Diese Arbeit löst nicht nur ein jahrzehntealtes Rätsel, sondern zeigt auch zum ersten Mal, dass der visuelle Kortex – und damit potenziell jeder sensorische Hirnbereich – eine weitaus komplexere Rolle bei intelligentem Verhalten spielt, als bisher anerkannt war. Der menschliche visuelle Kortex ist keine strikt aufsteigende Verarbeitungsstrecke, wie es jahrzehntelang die vorherrschende Meinung war. Er führt insbesondere absteigende Berechnungen durch, die den Fokus der Aufmerksamkeit zuweisen und die visuelle Selektion darin verbessern”, so das Autorenteam.

Aufmerksamkeit

Ist unsere Aufmerksamkeit noch nicht fokussiert (Bild oben), findet die Aktivitätsmodulation in höheren Arealen des visuellen Cortex statt. Haben wir uns jedoch kurze Zeit später auf jemanden fokussiert (Bild unten), dann wandert die Aktivierung zu niedrigeren Arealen mit kleineren rezeptiven Feldern, die eine höhere räumliche Auflösung bieten. Dies zeigt quasi den Endzustand der top-down-Wanderung: N2pc-Aktivierungen in niedrigen Arealen des visuellen Cortex (Collage: Adobe Stock & Hopf).

Pressetext: LIN

mehr ...

Ausgezeichneter Hirnforscher

24.03.2023 -

Ehemaliger LIN-Direktor erhält Otto-Loewi-Medaille

Am Donnerstagabend wurde der Magdeburger Hirnforscher und frühere Direktor des Leibniz-Instituts für Neurobiologie (LIN), Prof. Dr. Eckart Gundelfinger, im Rahmen der Göttinger Neurobiologentagung der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft (NWG) für seine besonderen Verdienste in der Hirnforschung ausgezeichnet. Die Laudatio hielt die NWG-Präsidentin Prof. Dr. Christine Rose.

Rose würdigte Gundelfingers Lebenswerk und betonte in ihrer Rede seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen zur Entschlüsselung von Molekülen in den Synapsen des Gehirns sowie seine langjährige Arbeit für die NWG. Eckart Gundelfinger war Gründungsmitglied der Gesellschaft und Sektionssprecher für Molekulare Neurobiologie. Er vertrat die deutsche Neurowissenschaft auch europaweit im Rahmen der Federation of European Neuroscience Societies (FENS). Von 1992 bis 2020 war er als Abteilungsleiter am LIN tätig und leitete das Institut von 2010 bis 2019 als Direktor. Gundelfinger ist noch immer als Gastwissenschaftler am Institut aktiv und forscht weiterhin zu den molekularen Komponenten von Synapsen.

Die NWG würdigt mit der Vergabe der Otto-Loewi-Medaille Personen, die sich besonders für die Ziele der Gesellschaft engagiert und einen bedeutenden wissenschaftlichen Beitrag in ihrem Feld geleistet haben. Der Preis besteht aus der Medaille und einem Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro.

Benannt ist der Preis nach dem deutsch-österreichischen Pharmakologen und Medizinpreisträger Otto Loewi, der die chemische Übertragung von Nervenzellimpulsen an Synapsen entdeckte.

Auszeichnung_

                Otto-Loewi-Medaille_2_  Otto-Loewi-Medaille_1_

Eckart Gundelfinger mit NWG-Präsidentin Christine Rose (oben) und Otto-Loewi-Medaille (Foto: NWG/Ulli Bode)

Pressetext: LIN

mehr ...

Letzte Änderung: 19.05.2023 - Ansprechpartner: Webmaster